Die Komplizenschaft des Westens im Genozid

Liebe Genoss*innen,

Das, was momentan in Gaza passiert, lässt sich kaum angemessen in Worte fassen. In den letzten Tagen sind bereits tausende Palästinenser*innen an Hunger gestorben. Voraussichtlich wird sich dies in nächster Zeit nicht ändern, sondern nur noch verschlimmern. Die Lage scheint aussichtslos: Die schlimmsten Befürchtungen der letzten Monate haben sich alle bewahrheitet. Es droht der sichere Tod von bis zu zwei Millionen Menschen.

Währenddessen wird hier in der westlichen Welt darüber gestritten, wie man dies alles bezeichnen sollte. Noch immer scheint die Mehrheit nicht in der Lage zu sein, es als das zu benennen, was es ist: ein Genozid. Und doch scheint sich etwas zu verändern. Es gibt nun eine Luftbrücke von Jordanien nach Gaza. Deutschland möchte sich hieran beteiligen, Großbritannien will Frankreich folgen und Palästina als eigenen Staat anerkennen. Mehr als Symbolpolitik scheint dies jedoch nicht zu sein, denn Frieden ist noch immer keineswegs in Sicht.

Die erwähnte Luftbrücke aus Jordanien wurde bereits 2023 versucht aufzubauen. Damals führte sie jedoch nicht direkt nach Gaza, sondern nach Ägypten. LKWs sollten dann die Lebensmittel nach Gaza bringen – tatsächlich waren es jedoch gerade etwas mehr als zwei volle Lieferungen. Zwei LKWs sind also die Menge an Nahrung, die der deutsche Staat willens ist, um zwei Millionen Menschen zu retten. Die Hoffnung, dass es dieses Mal anders sein wird, ist deshalb relativ gering.

Einen tatsächlichen Umschwung gibt es auch nicht. Das Vorgehen der IDF wird – bis auf ein paar kleine Details – weiterhin vollkommen unterstützt. Waffen werden noch immer geliefert, und in Deutschland sowie den meisten anderen westlichen Staaten werden Palästina-Demos, wie in Berlin, brutal zusammengeschlagen. Erst durch die Unterstützung Israels konnte es überhaupt so weit kommen. Schon vor über einem Jahr war klar, dass es sich um einen Genozid handelt. Deutschland pochte jedoch auf die Staatsräson und unterstützte dies weiterhin.

Was wirklich in Gaza passiert, war bereits die ganze Zeit über bekannt und wurde mit gutem Gewissen verschwiegen oder gerechtfertigt. Die Blockade von Hilfsgütern und viele weitere Tatsachen waren schwer zu leugnen – dennoch hieß es, das Vorgehen der IDF habe „gute Gründe“.

Die Komplizenschaft Deutschlands im Genozid wird durch Symbolpolitik lediglich zu verschleiern versucht. Der Druck innerhalb der Regierungsparteien ist inzwischen so groß, dass nicht einfach weitergemacht werden kann wie bisher. Schließlich sprechen sich nun sogar 77 Prozent der Anhänger von SPD und CDU für mehr Druck auf Israel aus. Dass dies jedoch erst jetzt geschieht, zeigt, dass es zuvor in der deutschen Regierung und ihren Parteien keine abweichende Meinung zu Israels Haltung gab. Der Genozid wurde und wird weiterhin aktiv unterstützt. Die jetzigen Ausmaße sind nur eine logische Folge dessen.

Ebenso wird weiterhin mit großer Überzeugung die Besatzung und Vertreibung durch Israel unterstützt – ein Vorhaben, von dem der deutsche Imperialismus profitiert. Unzählige Waffenlieferanten und andere Firmen beteiligen sich bewusst an der Durchsetzung des Genozids. Siemens etwa ist seit Jahren am Ausbau der israelischen Infrastruktur – also Straßennetz und Schienenverkehr – beteiligt. Diese Infrastruktur ist notwendig für den Transport von Waffen und anderen Mitteln zur Umsetzung des Genozids in Gaza.

Unternehmen wie Springer, die auch die Bild-Zeitung verlegen, sind zudem direkt am Siedlungsbau in den besetzten Gebieten beteiligt – durch den Verkauf und die Vermietung von Häusern. All diese Firmen des deutschen Kapitals haben, wie die deutsche Regierung, ein Interesse an einem Genozid an den Palästinenser*innen. Denn so setzt Israel, einer der größten Verbündeten Deutschlands, seine staatliche Souveränität sowie die deutsche Staatsräson durch.

Vereinzelte Hilfslieferungen ändern daran nichts. Sie dienen vielmehr dazu, die eigenen Handlungen zu legitimieren und das Ansehen in der Bevölkerung zu verbessern. Auch die immer lauter werdende Forderung nach einem Waffenstillstand, die nun auch von der deutschen Regierung erhoben wird, ändert daran wenig. So sprach sich Friedrich Merz vergangene Woche für einen Waffenstillstand aus. Dass dies bisher nicht umgesetzt wurde, liege jedoch – so seine Darstellung – nicht an der IDF, sondern am palästinensischen Widerstand.

Doch was würde ein solcher „Frieden“ unter westlicher Weisung bedeuten? Sicherlich kein Ende von Apartheid, Entrechtung und Besatzung der palästinensischen Bevölkerung. Dies ist schließlich Teil der Kernessenz des israelischen Staates seit seiner Gründung.

Ein Waffenstillstand bedeutet somit keine langfristige Perspektive auf Frieden für die Menschen in Gaza. Zurück bleiben tausende Tote, ausgehungerte Menschen, ein unbewohnbares Gebiet und zerstörte Existenzen. Wie schon zuvor werden die Menschen ihr Leben in einem Freiluftgefängnis verbringen. Der einzige Unterschied ist, dass dieses Gefängnis nun bis auf seine Mauern zerstört ist – ein Zustand, der erneut Widerstand hervorbringen und notwendig machen wird. Widerstand, der – ob friedlich oder nicht – von der Besatzungsmacht niedergeschlagen werden wird.

Ein Beispiel für friedlichen Widerstand ist der „Great March of Return“ von 2018 bis 2019. Damals gingen Menschen in Gaza an die Grenze und protestierten für die Rückkehr in die besetzten Gebiete. Die Reaktion des zionistischen Staates: über 200 getötete Palästinenserinnen. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, macht jedoch einiges deutlich: Kein imperialistischer Staat – und schon gar nicht der Westen oder Israel – versucht, den Palästinenserinnen wirklich zu helfen.

Dies zeigt auch, dass der Widerstand gegen das Besatzungsregime notwendig und gerechtfertigt bleibt. Dieser Widerstand kann es jedoch nur geben, wenn der Genozid in Gaza endet, die IDF verschwindet und echte Hilfe nach Gaza kommt – keine symbolischen Hilfslieferungen, die zu wenig sind oder gar nicht ankommen.

Wir alle können ebenfalls etwas tun, indem wir die Unternehmen boykottieren, die diesen Völkermord unterstützen.

When people are occupied, resistance is justified.

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