Seit zehn Tagen gehen die Menschen in der Türkei unermüdlich auf die Straße. Der
Auslöser der Proteste war die Verhaftung von Ekrem İmamoğlu, dem Bürgermeister von
Istanbul und prominenten Oppositionspolitiker, der als ernstzunehmender Herausforderer
von Präsident Erdoğan bei der Präsidentschaftswahl 2028 gilt. Ihm wurde die
Zusammenarbeit mit PKK-nahen Kräften (in dem Fall die demokratische DEM-Partei) und
Korruption vorgeworfen. Eine Voraussetzung für die Präsidentschaftskandidatur – ein
Hochschulabschluss – wurde İmamoğlu aber kurzerhand aberkannt.

Trotz Demonstrationsverbote mobilisiert sich landesweit die türkische Arbeiterklasse,
angeführt von einer entschlossenen Jugend. Was als Schulstreik begann, entwickelte sich
rasch zu Boykottaufrufen gegen regierungsnahe Unternehmen, Straßenblockaden und
Massendemonstrationen in nahezu allen Großstädten.

Präsident Erdoğan diffamiert die größtenteils friedlichen Proteste als
„Straßenterrorismus“, doch die Wut der Menschen lässt sich nicht so einfach
unterdrücken. Während der Westen und die NATO-Partner der Türkei zu den massiven
Repressionen schweigen, wurden bereits mehr als 1.900 Demonstrierende, darunter
überwiegend Jugendliche und über 12 Journalist:innen festgenommen. Laut Reporter ohne
Grenzen werden über 85% der nationalen Medien direkt vom Staat kontrolliert und
Demonstrat:innen auf Grund von social Media Post inhaftiert.

Die türkische Regierung setzt ihren repressiven Staatsapparat gezielt ein, um nicht nur die
Proteste insgesamt zu zerschlagen, sondern insbesondere gegen Kommunist:innen, wie
die Mitglieder der TKP, vorzugehen. Diese Repressionen offenbaren die tiefe Krise des
türkischen Kapitalismus, der die Lebensbedingungen der Massen kontinuierlich
verschlechtert (und keine Lösungen, sondern lediglich Unterdrückung zu bieten hat.)

Obwohl die Bewegung zahlreiche politische Strömungen vereint, werden türkische
Nationalisten mit offen antikurdischer Rhetorik und Angriffen auf die pro-kurdische DEM
Partei zunehmend sichtbarer.

Sie alle fordern demokratische Wahlen, ein Ende der diktatorischen Politik Erdogans,
Freiheit für politische Gefangene und etliche weitere demokratische Veränderungen. Doch
genau diese Krise zeigen, dass die Wurzel des Problems nicht in einer einzelnenschlechten Regierung oder Person liegt, sondern im Kapitalismus, welcher solche Krisen
strukturell immer wieder hervorbringen wird.

Nicht nur in der Türkei gehen die Menschen um die Straße. Am Montag kam es in
Subrabaya, Idonesien zu Zusammenstößen vom rund 1 000 schwarz gekleidete
Demonstranten und der Polizei, die mit Steinen und Molotowcocktails beworfen wurden.
Berichten zufolge durchsuchten Beamte Straßenärzte, lösten die Demonstrationen mit
Wasserwerfern brutal auf und beschädigten medizinische Vorräte.

Der Protest war Teil einer wachsenden landesweiten Bewegung gegen ein neues Gesetz,
welches die Befugnisse des Militärs in der Landesregierung ausweitet. Das hinter
verschlossenen Türen verabschiedete Gesetz erlaubt es Militärpersonal im aktiven Dienst,
Posten in wichtigen staatlichen Einrichtungen zu besetzen. Nach tagelangem hartem
Durchgreifen der Polizei, eskaliert die Spannungen auf beiden Seiten.

Die Repressionen zeigen mal wieder, dass wir uns nie auf einen bürgerlichen Staat
verlassen können. Wir als Antifaschist:innen stehen hinter alle fortschrittlichen
Kämpfer:innen und gegen jegliche Form von Repressionen bei diesen Protesten. Das
Kapital ist international organsiert, unsere Solidarität auch!

Ob neoliberale Sparmaßnahmen in Argentinien, autoritäre Unterdrückung in der Türkei
oder kapitalistische Ausbeutung in Indonesien. Überall zeigt sich das wahre Gesicht des
Kapitalismus. Die Interessen der Kapitalist:innen werden mit Gewalt verteidigt, während
die arbeitenden Massen ums Überleben kämpfen.

Diese Kämpfe finden nicht isoliert statt. Sie sind Teil eines weltweiten Widerstands gegen
ein System. Ein System das wenige reich macht und die Mehrheit in Armut hält. Unsere
Solidarität gilt allen, die sich gegen Repression, soziale Ungleichheit und kapitalistische
Ausbeutung wehren. Ihr Kampf ist auch unser Kampf – Klassenkampf