Am 01.02.2025 kommen die Querdenkerinnen zum vierten Mal nach Göttingen. Nach ihren
Demonstrationen am 01.04.2023, 06.09.2023 und 13.01.2024, bei denen sie vorgaben,
gegen den „Grünenwahnsinn“ vorzugehen und die „linksradikal-grün versiffte Göttingen
aufzuwecken“, planen sie nun, im Februar ihre Ablehnung der „volksfeindlichen
Politik“ auf die Straße zu tragen. Das diesjährige Motto ihrer Demonstration lautet:
„Neuwahlen – Die Chance zur Veränderung?“. Angesichts der Tatsache, dass bei früheren
Versammlungen auch die rechtsradikale Kleinpartei „Freie Sachsen“ mitmarschierte, lässt
sich leicht erahnen, welche Art von „Veränderung“ sie sich tatsächlich wünschen. Die
letzten Male stieß ihr Aufmarsch auf breiten Gegenprotest, der von großen bürgerlich
geprägten Demonstrationen bis hin zu militanten Blockaden von Menschen und Material
reichte. Dieser Beitrag soll beleuchten, welche Personen hinter der Bewegung stehen. Im
Folgenden stellen wir euch die wichtigsten Akteurinnen von „Querdenken Göttingen 4“ vor.
Ralf Ludwig
Ralf Ludwig, der selbst ernannte „Querdenker-Anwalt“, ist in Osterode aufgewachsen und
hat in Göttingen studiert. In seiner Rolle als Anwalt verteidigt er Menschen, die gegen die
Coronaschutzmaßnahmen verstoßen haben und dadurch wissentlich Menschen gefährdet
haben. Er ist einer der Gründer des „Widerstand 2020“, einer Gruppe, die als Protestpartei
gegen die Corona-Schutzmaßnahmen antrat. Die Gruppe plante, in den Bundestag
einzuziehen und präsentierte Ideen, wie die Auflösung des Bundestags zugunsten eines
„Notstandsparlaments“ aus „mündigen Bürgern“. Trotz anfänglicher Aufmerksamkeit und
einer breiten Basis aus Maßnahmenkritikern zerfiel die Bewegung nach zwei Monaten,
insbesondere durch den Rückzug der Mitbegründerin Victoria Hamm.
Parallel zu seinem Engagement für „Widerstand 2020“ etablierte sich Ludwig als zentraler
Akteur der Querdenker-Szene. Auf Demonstrationen, wie der großen Querdenken-
Veranstaltung in Stuttgart, erlangte er Aufmerksamkeit, indem er rechtliche Erfolge gegen
Versammlungsverbote erzielte. Seine Reden, in denen er staatliche Schutzmaßnahmen
infrage stellte, zogen sowohl Kritiker der Corona-Politik als auch Verschwörungstheoretiker an. Ludwig sieht sich selbst als Verteidiger von Grundrechten
und Rechtsstaatlichkeit.
Ludwig gründete auch die Schweizer Firma „9G Werkstatt AG“, die als Teil eines Netzwerks von Organisationen fungiert, die Spendengelder innerhalb der Szene weiterleiten. Seine Rolle als „Präsident“ und „Direktor für strategische Entscheidungen“ brachte ihm ebenso Kritik ein wie seine Kampagnen, darunter die Initiierung von 600 Strafanzeigen gegen Politiker wegen angeblicher „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Spenden in
sechsstelliger Höhe, steckte er für private Zwecke ein, dafür gab es starke Kritik aus den
eigenen Reihen.
Bei der Letzten Thüringer Landtagswahl kandidierte er auf der Liste “Bündnis für
Thüringen”. Das Bündnis setzt sich aus setzt sich aus den Kleinparteien “Bürger für
Thüringen”, “Bündnis für Deutschland” und “Die Basis zusammen Geistiger Kopf ist der
frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.
Thomas Brauner
Verurteilt fürs Zeigen des Hitlergrußes. Er ist ehemaliger Busfahrer und will, sobald er
wieder Busfahren darf Björn Höcke im Fall einer Machtübernahme unterstützen und den
Erfurter Flughafen als Drehkreuz für Massenabschiebungen von Migranten zu nutzen. Er
wolle „viele, viele Migranten“ mit dem Bus zum Flughafen fahren. In der Querdenker Szene
ist er unter den Namen “Thomas, der Busfahrer Bekannt”, forderte Kinder im Bus dazu auf
ihre Masken abzusetzen, will das Deutsche Reich zurück und nennt den Holocaustleugner
Nikolai Nerling “großartig”. 2021 zeigte ein Wahlwerbespot der CDU wie Thomas Brauner
auf die Bühne bei einer Veranstaltung von Armin Laschet springt und Armin hält ihn schön
das Mikrofon an den Mund, der Wahlwerbespot wurde trotzdem veröffentlicht.
Sabrina Kollmorgen
Gleichzeitig sympathisiert sie mit der AfD und sollte laut taz-Recherchen im Mai 2023
gemeinsam mit AfD Politiker*innen bei einer Veranstaltung auftreten. Außerdem verbreitet
und bewirbt sie über ihren Telegramm Kanal verschiedene Aktionen der AfD
Bundestagsfraktion.
Am 1. November 2023 fand bei Kollmorgen eine Hausdurchsuchung durch die Polizei statt,
nachdem sie eine Staatsanwältin beleidigt hatte. Schon im Vorfeld war sie dabei mehrmals
auffällig und wurde vor Gericht bzw. durch Strafbefehle zu Geldstrafen u.a. wegen
Widerstands gegen Vollstreckungsbeamt*innen verurteilt. Auch wenn Kollmorgen also
immer wieder betont, Teil eines friedlichen Widerstands zu sein zeigt sich, dass davon
kaum die Rede sein kann.
Kevin Gabbe
Bei den letzten Querdenker Veranstaltungen fiel der Neonazi Streamer Kevin Gabbe immer
wieder auf. Im Sommer lief er immer mit seiner Handy Kamera und ohne T-Shirt rum.
Auffällig ist auch seine Nähe zur Partei “Neue Stärke”, bei öffentlichen Veranstaltungen
trug er ohne öffentlich Mitglied zu seinen, denn Partei Merch. Die „Neue Stärke“ äußert in
ihrem Parteiprogramm und auf ihren Veranstaltungen rassistische, antisemitische, Homo-
und Transfeindliche Meinungen. Auch Geschichtsrevisionismus steht bei ihnen regelmäßig
auf der Tagesordnung. Er ist bundesweit bekannt und bei vielen Querdenker und Nazi
Aufmärschen zu finden. Er streamt alles auf seinen YouTube Kanal unter den Namen “Der
liebe Kevin”, natürlich hat er auch einen eignen Telegramm Kanal.
Björn Lars Oberndorf
Björn Lars Oberndorf aus den Reihen der Querdenken-Demonstration ist in Göttingen kein
Unbekannter: er nahm bereits am 16.09.23 als Redner am Aufmarsch teil und ist
Vorsitzender der Querdenken-Organisation “Polizisten für Aufklärung e.V.”. Der Verein
setzt sich oberflächlich unverdächtig für die Verteidigung der Menschenrechte ein, bei
näherem Blick zeigt sich aber die Verbindung ins Querdenken-Milieu, sowie zur
Reichsbürger*innen Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß: im Zug der
Terrorermittlungen gegen die Gruppe gab es am 22. März 2022 auch eine
Hausdurchsuchung bei Björn Oberndorf durch das Bundeskriminalamt.
Wenig Berührungsängste gibt es bei Oberndorf auch in Bezug auf die AfD. Dabei nahm er
u.A. auch an einer Veranstaltung der AfD-Bundestagsfraktion im November 2023 teil, bei
der auch Sabrina Kollmorgen teilnahm und gibt auch Vorträge bei AfD-Stammtischen, wie
im Oktober 2023 in Bad Salzuflen. Aber auch mit der verschwörungsideologischen Website
Rubikon war er als Diskussionsteilnehmer in Beiträgen verbunden.
Marcus Fuchs
Als prominenter Kopf der „Querdenker“-Szene fiel Marcus Fuchs in Göttingen erstmals
durch die Organisation einer Demo im Januar auf. Damals mobilisierte er rund 450
Teilnehmer, darunter Vertreter der AfD, der rechtsradikalen „Freien Sachsen“ und anderer
Maßnahmengegner, während 2.500 Gegendemonstranten eine klare Ablehnung
signalisierten.
Fuchs, der zuvor bei „Querdenken Dresden“ aktiv war, tritt zunehmend isoliert auf,
versucht aber, mit seinem „Team Fuchs“ politische Alleingänge wie seine Kandidatur für
den Dresdner Oberbürgermeister durchzusetzen. Seine Nähe zur rechtsradikalen
Kleinstpartei „Freie Sachsen“, auf deren Liste er zur Landtagswahl antrat, ist offenkundig.
Michael Schele
Michael Schele, DJ aus Hagen und führender Kopf der Querdenken-Szene in NRW, ist eine
zentrale Figur hinter zahlreichen Demos und Autokorsos in Nordrhein-Westfalen und
Hessen. Schele fiel nicht nur durch die Organisation der „Wanderausstellung der Impf-
Opfer“ auf, bei der verschwörungsideologischen Narrativen und Shoah-Verharmlosungen
verbreitet wurden, sondern auch durch seine antisemitischen Aussagen wie
„Judenpresse“ und „Plandemie“. Auf der eskalierten Querdenken-Demo in Kassel sorgte
er für Schlagzeilen, als er Gegendemonstranten beleidigte, ein Fahrrad trat und einen
Polizisten beschimpfte, bevor er festgenommen wurde. Trotz polizeilichem Verbot
versucht Schele weiterhin, Aufmärsche anzumelden, etwa in Dortmund. Schele gilt als
Anhänger der „Great Reset“-Verschwörungserzählung und schürt gezielt Ressentiments
gegen die Grünen, queere Menschen und andere Minderheiten. Schele gilt als Verbindung
zwischen Querdenkern, Esoterikern und Nazis auf.
Björn Banane
Björn Banane, bürgerlich Björn Winter, ist eine prominente Figur der
verschwörungsideologischen Szene und tritt seit der Corona-Pandemie als „Rock für den
Widerstand“ auf. Seine Karriere begann mit erfolglosen Versuchen als Ballermann-Sänger,
bevor er sich zunehmend auf die Verbreitung von Verschwörungstheorien konzentrierte. In
seinen Liedern und öffentlichen Auftritten propagiert er Narrative wie die
„Pandemielüge“ und teilt Inhalte von verschwörungsideologischen und rechtsradikalen
Medien wie dem Pseudosender Auf1 und dem Compact-Magazin.
Winter arbeitet eng mit der AfD zusammen und ist bei Politiker:innen wie Daniela
Oeynhausen und Rainer Rothfuß angestellt. Seine Interviews und Videos inszeniert er als
„kritische Berichterstattung“, verschweigt jedoch häufig seine beruflichen Verbindungen.
Auf Telegram verbreitet er trans- und queerfeindliche Inhalte und verharmlost Ereignisse
wie die versuchte Bundestagsstürmung 2020 als „Inszenierung der USA“.
Björn Winter ist nicht nur Musiker, sondern ein aktiver Akteur in einem Netzwerk aus
rechtsradikalen Medien und Ideologien. Sein Auftreten auf öffentlichen Veranstaltungen
dient dazu, diese Ideologien weiter zu normalisieren und zu verbreiten.
Fazit
Auf den Demonstrationen waren nicht nur Coronaleugnerinnen und Esoterikerinnen
vertreten, sondern auch waschechte Nazis und Reichsbürgerinnen. Sie inszenieren sich
selbst als “Vertreterinnen der Demokratie” und propagieren ein vermeintlich
gemeinsames, friedliches Miteinander. Doch sowohl auf den Demonstrationen als auch
darüber hinaus verbreiten sie rechtsradikale und verschwörungsideologische Ansichten,
wie beispielsweise die Theorie vom “Great Reset”. Diese Ideen sind in der Regel zutiefst
antisemitisch, homophob, rassistisch und legitimieren Gewalt gegen Minderheiten.
Auch wir kritisieren viele Aspekte der aktuellen Regierungspolitik und sehen sie nicht als
Lösung für Krisen wie die Klimakatastrophe oder die wachsende soziale Ungerechtigkeit.
Doch das bedeutet keineswegs, mit rechten Organisationen gemeinsame Sache zu
machen – im Gegenteil! Lösungen für diese Krisen können aus unserer Sicht nur aus einer
antifaschistischen und antikapitalistischen Perspektive entwickelt werden, da die
Probleme eng mit dem Kapitalismus verknüpft sind. Mit nationalistischen Ideen lässt sich keine lebenswerte Zukunft gestalten!
Bereits in der Vergangenheit boten solche Veranstaltungen, die sich als Friedensdemos
tarnen, vor allem eine Bühne für rechtsradikales Gedankengut. Es wurden Hitlergrüße
gezeigt, antisemitische Plakate mitgeführt, und es wurde gegen Geflüchtete, queere
Menschen und Linke gehetzt. Holocaustverharmlosungen und Mordfantasien waren
ebenfalls zu hören. Wir dürfen nicht zulassen, dass rechte Hetze und
Verschwörungsideologien in Göttingen irgendeinen Platz finden! Diese Menschen sind
nicht nur rechtsoffen – sie sind offen rechts.
Deshalb werden wir am 01.02. erneut auf die Straße gehen, um dieser rechten Querfront
entschlossen entgegenzutreten. Wir rufen euch dazu auf, euch uns anzuschließen!