Conny ist Tod – wandelt Wut und Trauer in Widerstand

Redebeitrag zur Gedenkveranstaltung am 17.11.2024 zum 35.Todestag von Conny Wessmann, organisert von der SP:

Heute sind wir hier, um Conny zu gedenken – und dabei geht es nicht nur um das Erinnern, sondern auch um das klare Bekenntnis zu dem, wofür sie gekämpft hat. Vor 35 Jahren wurde Conny, gemeinsam mit anderen Antifaschistinnen, in Göttingen von der Polizei durch die Straßen gejagt.


Anstatt die Nazis zu konfrontieren, die in dieser Stadt immer wieder linke Menschen, Migrantinnen und das Juzi angriffen, wurde sie von der Faust des Staates, der Polizei verfolgt. Diese Verfolgung führte sie bis vor eine befahrene Kreuzung, wo sie beim Ausweichen von einem Schlagstock eines Polizisten von einem Auto erfasst und tödlich verletzt wurde.

Ihre Geschichte ist ein schmerzhaftes Mahnmal, das uns zeigt, wie brutal und gefährlich der Kampf gegen den Faschismus sein kann – und wie wenig Unterstützung von der Institution, die wie man öfters hört “Freund und Helfer sind”,nerwarten kann.

Und heute? Heute sehen wir eine rechte Gefahr, die nicht kleiner wird – im Gegenteil, sie wächst.

Was vor 35 Jahren noch eine Randerscheinung war, ist mittlerweile fest in der Mitte der
Gesellschaft verankert. Rechtsradikale Bewegungen in ganz Europa gewinnen über demokratische Prozesse immer mehr macht. In Polen wurde das Recht auf abtreibung fast vollständig aufgehoben, in Italien herrscht eine rechtsradikale Regierung und in Deutschland ist ein Rechts Rutschvon den Grünen bis zur CDU spürbar.

Unsere ehemalige ach so „progressive“ Ampelregierung greif immer autoriärer durch und übernimmt Forderungen der AfD – zum Beispiel in der Migrationspolitik – ohne nennenswerte Gegenwehr. Positionen, die früher nur von der AfD vertreten wurden, sind
mittlerweile im Parlament normal.

Dabei wächst auch die akute Gefahr rechter Angriffe. Zuletzt bei den CSDs dieses Jahr haben Neonazis in ganz Deutschland Proteste organisiert und Menschen angegriffen. Sie fühlen sich sicherer denn je, weil sie wissen, dass sie nicht mit nennenswerter Repression rechnen müssen.

Auch in Göttingen, gerade erst am 31. Oktober, vor wenigen Wochen, trieben Neonazis seit langen ihr Unwesen in Göttingen. Sie warfen Böller und belästigten Menschen in der Innenstadt, ohne dass die Polizei eingriff. Wieder waren es Antifaschist:innen, die sich schnell koordinierten und die Nazis aus der Stadt vertrieben.

Hier wird erneut klar: Antifaschistischer Selbstschutz ist nicht nur legitim, er ist notwendiger denn je. Wenn wir uns auf den Staat verlassen, um uns vor rechter Gewalt zu schützen, werden wir immer wieder enttäuscht.Was können wir daraus lernen? Es ist klar: Antifaschistischer Selbstschutz ist heute genauso notwendig wie damals.

Wer auf die Polizei als „Freund und Helfer“ hofft, wird enttäuscht – wenn nicht sogar gefährdet. Der Staat schützt uns nicht vor rechten Angriffen, vielmehr tut er oft alles, um die tatsächliche Bedrohung durch rechts zu verharmlosen. Die Polizeigewalt, die gegen antifaschistische Aktivist*innen angewendet wird, wird im Vergleich zur staatlichen
Untätigkeit gegenüber rechten Gewalttätern systematisch relativiert.

Weitere Beispiele für die Repressionen gegen antifaschistische Arbeit ist die Verlieferung von Maja, welche in das autoritäre Ungarn in einer Nacht und Nebel Aktion abgeschoben wurde. Auch wurde unser Genossen Nanuk in Berlin im Rahmen des sogenannten „Antifa-Ost-Komplexes“ festgenommen.

Es zeigt, wie der Staat Antifaschismus als Bedrohung ansieht, während die rechte Szene weiterhin relativ ungestört agieren kann. Der Staat schützt nicht vor rechter Gewalt – im Gegenteil, er kriminalisiert diejenigen, die sich aktiv gegen den Faschismus stellen.

Connys Tod und der Kampf, den sie repräsentiert hat, mahnen uns, dass wir uns nicht auf den Staat und schon gar nicht auf die Polizei verlassen können, wenn es um den Schutz der Demokratie und der Menschenrechte geht. Conny ist nicht mehr bei uns, aber ihr Widerstand lebt weiter.

Der antifaschistische Kampf ist auch heute mehr denn je notwendig. Unsere Aufgabe ist es, den Widerstand fortzuführen, uns zu organisieren und uns gegen die wachsende Gefahr von rechts zu stellen. Wir müssen uns solidarisch zeigen und unseren Selbstschutz aktiv aufrechterhalten.

Heute gedenken wir Conny. Aber wir tun mehr als das: Wir nehmen ihren Kampf auf. Der
antifaschistische Widerstand geht weiter – und er wird weitergehen, bis der Faschismus besiegt ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Kampf nicht nur für uns, sondern für die kommenden Generationen geführt wird. Wir müssen für eine Gesellschaft kämpfen, in der der Faschismus keinen Raum mehr hat, in der Rassismus und Hetze keinen Platz finden, und in der jede Form von Diskriminierung bekämpft wird.

Connys Kampf geht weiter. Der Widerstand geht weiter. Und wir werden nicht aufhören, bis der Faschismus und Kapitalismus besiegt ist.